Rückblick
Ein Rückblick in Wort, Bild und Ton zu einer Veranstaltung der katholischen Gemeinde St. Joseph Borna.
Angebrannt in einem Gebüsch am Breiten Teich gefunden: Die Isarel-Flagge, die vom Fahnenmast vor dem Bornaer Rathaus abgerissen wurde.
Israel-Fahne heruntergerissen – Bornas Oberbürgermeister erstattet Anzeige
Sie wehte nicht einmal einen ganzen Tag: Die Flagge landete angebrannt in einem Gebüsch, es war nicht der erste Zwischenfall dieser Art. Am 9. November wird an die Pogromnacht erinnert.

Borna. Am 9. November 2023 wird in vielen Städten der schrecklichen Ereignisse in Deutschland vor nunmehr 85 Jahren gedacht, die von den Nationalsozialisten einst euphemistisch als "Reichskristallnacht" bezeichnet wurden. Dieses Gedenken hat auch in Borna längst Tradition. Oberbürgermeister Oliver Urban (SPD) ruft deshalb zur Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung an der Roßmarktschen Straße auf. Dort befand sich bis zum November 1938 das Kaufhaus Britania. Außerdem wohnte dort die jüdische Familie Rose, die im Zuge des Pogroms vertrieben wurde.

Im Brombeergebüsch am Breiten Teich gefunden

Umso mehr verstört ein antisemitischer Vorfall in der letzten Woche in Borna. Die Stadt hatte am Donnerstag (19. Oktober) an den Fahnenstangen an der Alten Wache auf dem Markt die israelische Flagge aufgezogen – als Zeichen der Solidarität, wie Oberbürgermeister Urban sagt. die Fahne war nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober gekauft worden. "Das israelische Volk war einem Terroranschlag ausgesetzt, da wollten wir ein Zeichen setzen", so Urban.

Allerdings wurde die Fahne in der Nacht zum Freitag vom Mast geholt. Später wurde sie dann von Spaziergängern in einem Brombeergebüsch am Breiten Teich gefunden. "Sie war angebrannt." Die Stadt hat deshalb Anzeige bei der Polizei erstattet.

Regenbogenfahne heruntergerissen

Die israelische Fahne gehört zu einem ganzen Flaggensatz im Rathaus. Der besteht neben der Deutschland- und Sachsenfahne auch aus der Europa-Fahne. Zum Bestand zählen nach Angaben von Heike Stassig, in der Stadtverwaltung für sämtliche Organisationsfragen zuständig, auch die Fahne der französischen Partnerstadt Étampes und die der Ukraine. Die ukrainische Fahne war gerade in der Zeit nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges immer wieder aufgezogen worden. Zudem gehören die Fahne der Mayors of Peace, einer Vereinigung von Städten, die sich der Sicherung des Friedens verschrieben haben, und die Regenbogenfahne zum Bornaer Flaggenbestand.

Die Regenbogenfahne gilt auch als Symbol der Schwulen- und Lesbenbewegung. In Borna wurde sie von Unbekannten heruntergerissen, als sie anlässlich des Christopher-Street-Days (CSD) aufgezogen wurde. Der CSD erinnert an einen Aufstand von Homosexuellen in der Christopher Street in New York im Jahre 1969. Wer die Regenbogenfahne vom Mast geholt hat, ist bis heute unklar. Unbekannt ist/ sind bislang auch die Person(en), die sich jetzt an der israelischen Flagge vergriffen haben.

20 Juden seit Mitte der 1920er-Jahre in Borna

Die Stadt Borna werde sich aber nicht davon abhalten lassen, auch weiterhin ihre Solidarität mit Israel zu bekunden, kündigt der Oberbürgermeister an. Im Zweifel werde die Flagge eben am Morgen aufgezogen und am Abend wieder eingeholt. Zudem wird am 9. November, 16:00 Uhr, an die tragische Geschichte der Bornaer Juden erinnert.

Die gab es seit Beginn des letzten Jahrhunderts. Formal gehörten sie der israelitischen Gemeinde in Leipzig an. Mitte der 1920er-Jahre wurden in Borna 20 Juden gezählt, 1933, mit Beginn der Machtübernahme durch die Nazis waren es noch 15. Sechs Jahre später, ein Jahr nach der Reichspogromnacht, gab es nur noch einen Juden.

Kaufhaus Britania im Jahr 1938 in Brand gesteckt

Das Kaufhaus Britania, an dem am 9. November der Ereignisse im Jahr 1938 gedacht werden soll, gehörte den jüdischen Brüdern Karl und Abraham Rose. Sie hatten Herren- und Knabenbekleidung sowie Schuhe im Angebot.

Das Kaufhaus wurde am 10. November in Brand gesteckt. Viele Angehörige der Familie Rose kamen in den Todeslagern der Nationalsozialisten ums Leben. An sie erinnern mehrere Stolpersteine vor dem einstigen Kaufhaus, in dem sich heute die CDU-Kreisgeschäftsstelle befindet.
Text: Nikos Natsidis, Leipziger Volkszeitung (26.10.2023)
Fotos: Thomas Kube & privat

Video: Muldental TV (14.11.2023)

Mahnwache am 9. November

Borna. Der 9. November spielt in der Erinnerung der Geschichte Deutschlands eine wesentliche Rolle. Der Fall der Berliner Mauer oder die Reichspogromnacht sind dabei Auszüge von Wendepunkten der deutschen Geschichte, welche auf den 9. November fallen. In mahnender Erinnerung an das Novemberpogrom trafen sich am Donnerstag, dem 9. November 2023, zu einer Gedenkveranstaltung zahlreiche Bornaerinnen und Bornaer.




Die Roßmarktsche Straße 32 war mit dem Kaufhaus Britania und Wohnhaus der jüdischen Familie Rose Ziel der Anschläge der Pogromnacht. Im Beisein zahlreicher Gäste, unter anderem von Oberbürgermeister Oliver Urban, fand eine Mahnwache statt. Mehrere Stolpersteine vor dem Gebäude erinnern an die Familie Rose und deren Biografie. Diese wurden im Anschluss der Gedenkveranstaltung geputzt.
Text: Bornaer Stadtjournal (14.11.2023)
Fotos: Stadtverwaltung Borna
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