Rückblick
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Video: ZDF

Beten vor den Kameras

Neukieritzsch. Der Neukieritzscher Pfarrerin Elisabeth Rupp war die Erleichterung anzusehen, als gestern (Sonntag, 10. Februar 2002) die zwei Kameras des ZDF-Fernsehteams in der Katharina-von-Borna-Kirche ausgingen. Von 9:30 bis 10:15 Uhr übertrug die mobile Gruppe des öffentlich-rechtlichen Senders den ökumenischen Gottesdienst zum Weltgebetstag live aus Neukieritzsch. "Seit Donnerstag haben wir jeden Tag jede Szene geprobt", meinte Rupp noch ganz aufgeregt. Ihrer Meinung nach sei alles gut gelaufen. Über ihre eigene Situation hinaus richtete die ökumenische Frauengruppe aus Neukieritzsch den Blick auf das Weltgebetsland 2002: Rumänien.

Für ZDF-Regisseurin Marion Rabiga ging die Arbeit in der "hypermodernen" Kirche über das übliche Maß hinaus. "Mir fehlten die typischen optischen Merkmale wie große Kreuze oder der Altar für die Fernsehbilder", meinte sie. Das hier sei nicht kirchentypisch und deswegen schwer rüberzubringen. Also musste man mit den Kameras öfter auf die bunten Wandteppiche und vor allem auf die Besucher schwenken. 15 Leute arbeiteten an den ZDF-Bildern. Allein vier saßen in einem der drei LKW, wo die Bild-Regie, der Ton und die Magnetaufnahmen gemacht wurden. Der Ü-Wagen selber stand unscheinbar daneben. Er sendete die Bilder über eine kleine Sendeschüssel, wie sie bei Wohnmobilen verwendet wird.

Von all dem bekamen Regina Patzschke und Christa Cavael nicht viel mit. Sie standen vor den Kameras und trugen ihre Texte vor. In denen ging es um wachsenden Nationalismus in den europäischen Ländern, um schlechte Wohnverhältnisse in Rumänien, wie schwer es rumänische Frauen in ihrem Land haben oder wie hoch die Arbeitslosenzahlen gerade hier in Sachsen sind. "Deshalb liegt der Stein so schwer in meiner Hand", sagte Cavael, bemüht nicht in die Kamera zu schauen, die in nur drei Meter Entfernung auf sie zuschwenkte. Danach meinte sie, dass ihr dieser Gottesdienst besonders viel Spaß gemacht habe. Das ZDF-Redaktionsteam aus der Abteilung "Kirche und Leben" habe mit viel Einfühlungsvermögen und Geduld mit ihnen zusammengearbeitet.
Text: Peter Krischunas, Leipziger Volkszeitung (12.02.2002)
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Der Stein wiegt schwer in meiner Hand
ZDF-Fernsehgottesdienst zum Weltgebetstag der Frauen aus Neukieritzsch

Neukieritzsch. Der ZDF-Fernsehgottesdienst zum "Weltgebetstag der Frauen" wurde erstmalig aus einer ostdeutschen Kirche, der Katharina-von-Bora-Kirche in Neukieritzsch, übertragen.

Ein Vorbereitungskreis mit evangelischen und katholischen Frauen gestaltete den ökumenischen Gottesdienst zusammen mit Pastorin Elisabeth Rupp in der neuen und erst 1998 eingeweihten Kirche.

Thema des diesjährigen Weltgebettages ist die Situation der Frauen in Rumänien. Was verbindet deutsche und rumänische Frauen? Da ist "das blaue Band der Donau", wie es im Gottesdienst hieß. An einer Seitenwand wurde dieses Band mit einem blauen Tuch inmitten von Fotos aus Rumänien dargestellt. Genauso wie in Ostdeutschland erkämpften sich die Menschen in Rumänien vor bald 13 Jahren eine wirtschaftliche und politische Wende. Anders als in Ostdeutschland gab es bei der "Revolution", wie die Rumänen die Wende in ihrem Land nennen, Tote und Verletzte zu beklagen.

In Rumänien bezeichnen sich fast 99 Prozent der Bevölkerung als Christen. Viele Gläubige sind orthodox, und orthodoxe Klöster erfahren inzwischen eine neue Blütezeit.

Die soziale Lage sieht nicht gut aus. Das staatliche Gesundheitssystem ist zusammengebrochen und die Altersversorgung mangelhaft. Die rumänischen Frauen haben an dieser Situation besonders schwer zu tragen.

Der erste Freitag im März eines jeden Jahres ist der konkrete Termin für den Weltgebetstag der Frauen. Ein Tag, der geeignet ist, um Vergleiche mit Frauen aus anderen Ländern zu ziehen und die eigenen Probleme neu wahrzunehmen: "Wenn ich weiß, dass eine andere für mich betet, führt es mich aus meiner Schwierigkeit heraus." Deshalb wurden im Gebet Klagen über die Situation in Rumänien sowie über die in der deutschen Gesellschaft zusammen ausgesprochen. Wachsender Nationalismus, Armut, viele Abtreibungen und Frauenhandel in Rumänien, wachsende Gewaltbereitschaft und die Zuwendung zu falschen Werten in der deutschen Gesellschaft waren Inhalte der Klagen. Die Frauen schlossen im Gottesdienst jede Klage mit den Worten: "Deshalb wiegt der Stein so schwer in meiner Hand." Sie legten jeweils einen Stein um eine Kerze. Die Gemeinde antwortete auf jede Klage mit dem Gebetsruf: "Gott, erbarme dich. Gott, erbarme dich durch deine große Barmherzigkeit."

In der Form einer Dialogpredigt wird "das Gebet, das etwas bewirken kann", thematisiert. Pastorin Rupp gab dabei mit zwei Frauen aus dem Vorbereitungskreis zu bedenken, dass zum Gebet für andere auch das Wissen über die Situation des anderen gehört. Deshalb floss die Information über einen ökumenischen Selbsthilfekreis arbeitsloser Frauen im siebenbürgischen Heltau in die Verkündigung ein.
Text: Elisabeth Kluge, Der Sonntag (24.02.2002)
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Fotos: unbekannt
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