Rückblick
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Buntes Bild mit Schatten
Die Bistumswallfahrt präsentierte das vielfältige und bunte Leben einer ostdeutschen Ortskirche. Der Bischof ging auch auf den sexuellen Missbrauch in der Kirche und die jüngsten fremdenfeindlichen Ereignisse in Chemnitz ein.

Wechselburg. Auf dem Wallfahrtsgelände in Wechselburg präsentierte das Bistum Dresden-Meißen am vergangenen Sonntag (16. September 2018) das vielfältige und bunte Leben einer ostdeutschen Ortskirche. Caritas und Katholikenrat, die Gebetsinitiative Nightfever und die Katholische Akademie, der Ritterorden vom Heiligen Grab und die Ökokirche in Deutzen – an 30 Ständen auf der Wallfahrtsmeile konnte man sich informieren, an Aktionen beteiligen, ja sogar ein Selfie mit Papst Franziskus aufnehmen. Dieser war zwar nicht persönlich nach Wechselburg gekommen, hatte den Wallfahrern und dem ganzen Bistum aber eine besondere Überraschung bereitet: Er hat der Wechselburger Klosterkirche den Ehrentitel einer "Basilica minor" verliehen.

Bischof Heinrich Timmerevers hatte zu dieser Wallfahrt eingeladen, weil Wechselburg in diesem Jahr ein zweifaches Jubiläum feiert: Die Gründung des Klosters vor 850 Jahren und die Errichtung des heutigen kleinen Benediktinerklosters mit Mönchen aus Ettal vor 25 Jahren. Der Tag stand deshalb auch unter einem Leitwort aus der Regel des heiligen Benedikt: "Wer immer du bist, SEIN Wort gilt dir."

Wallfahrt zum Heiligen Kreuz in Wechselburg

Ziel einer Wallfahrt nach Wechselburg ist nicht wie vielerorts eine Heiligengestalt, sondern das Heilige Kreuz. Der Lettner in der Stiftskirche zeigt eine Kreuzigungsgruppe, die als ein bedeutendes Kunstwerk des 13. Jahrhunderts gilt. Auf sie wies der Bischof in seiner Predigt hin. Besonders vom Priestersitz aus schaue die Christusfigur dem Betrachter direkt ins Gesicht. "Er schaut mich an. Im Kreuz ist Heil, Hoffnung und Leben", so der Bischof.

Überschattet wurde die Wallfahrt von zwei aktuellen Ereignissen: Mit Blick auf die jüngsten fremdenfeindlichen Aktivitäten in Chemnitz erinnerte der Bischof an das Bibelwort "Suchet der Stadt Bestes". Christen müssten für die Würde jedes Menschen eintreten. Der Aufruf des Bischofs zur Solidarität mit den Opfern von Hass und Gewalt wurde von den Wallfahrern mit spontanem Applaus beantwortet.

Wenige Tage vor der Wallfahrt waren außerdem Ergebnisse einer Studie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland durchgesickert. Der Bischof zeigte sich erschüttert von den Ergebnissen: "Ich schäme mich." Er bat die Opfer um Entschuldigung. Dann gab es einen Moment des Schweigens für sie, ehe der Bischof außerdem eine verbesserte Präventionsarbeit ankündigte. Seine Predigt beendete er mit dem nochmaligen Hinweis auf das Kreuz Christi. In ihm sei Heil, Hoffnung und Leben zu finden. Am Nachmittag bestand für die Wallfahrer die Möglichkeit, in der Basilika das Kreuz Christi zu verehren.

Zu Beginn des Bühnenprogramms gab es einige Glückwünsche zu den beiden Jubiläen von Vertretern der Kirche, der Kommune und der Ökumene. Dann wurden aktuelle Themen aus dem Leben des Bistums in den Blick genommen. Da ging es um die Strukturveränderungen, um das Engagement der Kirche in Form ihrer Hilfswerke für die Menschen. Vorgestellt wurden neue kirchliche Initiativen wie die City-Pastoral in Chemnitz und Dresden oder die Mobile Kontaktstelle in der Region Bautzen. Die Jugendseelsorge blickte voraus auf die im Oktober in Rom stattfindende Jugendsynode. Anlässlich der Wechselburger Jubiläen ist im Leipziger St. Benno Verlag das Buch "Basilika und Kloster Wechselburg – Geschichte und Spiritualität. Ein Wallfahrtsort im Wandel" erschienen, das von Diözesanarchivarin Birgit Mitzscherlich vorgestellt wurde.

Übrigens zeigte sich das Bistum auch kirchenmusikalisch von seiner besten Seite: Kapellknaben, Bistumskinderchor, ein Chemnitzer Projektchor und die vereinigten Bläser des Bistums gestalteten die verschiedenen Feiern mit. Über die Wallfahrt wird sich auch ein Dresdner Priester freuen, der nicht nach Wechselburg kommen konnte, weil er in der Ferne seinen Dienst versieht: Bosco Marschner ist Pfarrer in Marx an der Wolga. Für seine Arbeit ist die Kollekte bestimmt.
Text: Matthias Holluba, Tag des Herrn (23.09.2018)
Fotos: Matthias Holluba

Papstkirche in Wechselburg
Zum ersten Mal wird einer Kirche in Ostdeutschland (abgesehen von Berlin) der Ehrentitel einer "Basilica minor" verliehen. Papst Franziskus hat die Wechselburger Stiftskirche dazu erhoben.

Wechselburg (tdh). Mit einer besonderen Überraschung konnte der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers am Ende des Gottesdienstes zur Bistumswallfahrt in Wechselburg aufwarten: Papst Franziskus hat die Stiftskirche von Wechselburg zur "Basilica minor" erhoben. Timmerevers: "Unsere Wallfahrtskirche wird damit zu einer Papstkirche." Dass der Papst nun einmal selbst nach Wechselburg kommt und in seiner Kirche Gottesdienst feiert, versah der Bischof aber mit einem großen Fragezeichen.

"Basilica minor" ("kleinere Basilika") ist seit dem 18. Jahrhundert ein Ehrentitel, den der Papst einem bedeutenden Kirchengebäude verleiht. Die Wechselburger Stiftskirche ist – abgesehen von Berlin – die erste Kirche in Ostdeutschland, der diese Ehre zuteil wird. Deutschlandweit gibt es 77 derartige Kirchen, weltweit sind es fast 1.800.

Offizielle Verleihung am 12. November

Offiziell wird der Titel am 12. November verliehen. Das ist der 850. Jahrestag der Ersterwähnung der Klosterkirche. Dann wird es einen feierlichen Gottesdienst geben, an dem auch der Botschafter des Papstes in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, teilnehmen wird und in dessen Rahmen eine entsprechende Tafel und das päpstliche Wappen am Kirchengebäude befestigt werden.

Dass der Wechselburger Kirche diese Ehre zuteil geworden ist, hängt nach den Worten von Bischof Timmerevers zum einen damit zusammen, dass sie durch das hier angesiedelte kleine Benediktinerkloster zu einem herausragenden spirituellen Ort geworden ist. Darüber hinaus ist sie für das ganze Bistum ein geistliches Zentrum, was sich beispielsweise bei den Wallfahrten zeige.

Der Erhebung war ein längerer Antragsprozess vorausgegangene, den der Bischof und der Abt von Ettal, aus dessen Kloster die Wechselburger Benediktiner kommen, eingeleitet hatten. Im Laufe der Beantragungen hat auch die Deutsche Bischofskonferenz die Erhebung befürwortet. Der dann im Vatikan eingereichte Antrag enthielt detaillierte Angaben zur Baugeschichte, zur Ausstattung der Kirche, zu Gottesdiensten und sonstigem kirchlichen Leben sowie den Wallfahrten. Nach Prüfung des Antrags durch die Gottesdienstkongregation erreichte den Bischof nun die positive Nachricht.

Die Ehrung fällt in ein Jahr, in dem Wechselburg gleich ein doppeltes Jubiläum feiern kann: Die Ersterwähnung vor 850 Jahren sowie die Errichtung des kleinen Benediktinerkonventes vor 25 Jahren. Pater Maurus Kraß, der die Wechselburger Benediktinergemeinschaft leitet, bat am Ende der Wallfahrt um das Gebet für sich und seine Mitbrüder. "Wir sind zwar zurzeit nur drei Mönche, aber wir wollen hier bleiben, an dem Ort, wo Gott und die Kirche uns hingestellt haben, um das Evangelium zu verkünden. Hier sind wir glücklich."

Nicht nur in Jubiläumsjahren kommen zahlreiche Besucher zur Wallfahrtkirche nach Wechselburg. Für die katholischen Christen der Umgebung ist sie die Pfarrkirche. Christen von nah und fern nehmen außerdem die geistlichen Angebote der Benediktinermönche wahr. Viele andere kommen, um den historischen Kirchenraum mit seinen Kunstwerken, besonders dem Lettner mit der Kreuzigungsdarstellung, zu bewundern.

Glaubenszeugnis aus Stein über 850 Jahre

Für viele Besucher ist die Wallfahrtskirche bereits seit Langem "die Basilika". Diese Bezeichnung bezog sich bisher jedoch nur auf den Baustil. Ausgehend von der römischen "Königshalle", einem durch Säulen gegliederten Prachtbau für Gerichtssitzungen und Handelsgeschäfte, begann man in der Spätantike nach diesem Vorbild Kirchen zu errichten. Dabei übernahm man deren Bezeichnung "Basilika", um auf Christus als König der Gläubigen zu verweisen.

In einer "Basilica minor" sollen die Feier des Gottesdienstes und die Glaubensverkündigung gemäß den weltkirchlichen Vorgaben beispielhaft sein. Bischof Timmerevers: "Auch heute gilt es den Auftrag zu verwirklichen, den die Steine dieser Kirche seit 850 Jahren bezeugen: 'Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen!' (1 Petr 2,5)".
Text: Tag des Herrn (23.09.2018)
Foto: Matthias Holluba
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