Jugendliche
aus drei Nationen befassen sich mit dem KZ im
Flößberger Wald
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Flößberg/Frohburg.
Mit Rechen, Spaten und Sense näherten sich
junge Polen, Franzosen und Deutsche
vorgestern im Flößberger Wald der Geschichte:
Sie legten Teile eines Weges frei, der
künftig über das Gelände des KZ-Außenlagers
führen soll. In den letzten Jahren des
Zweiten Weltkriegs mussten hier Häftlinge
Panzerfäuste produzieren; mehr als 250 von
ihnen kamen ums Leben. Sich mit Geschichte
befassen und zugleich eine Brücke in Europas
Zukunft zu bauen, das war Anliegen der zum
siebenten Mal stattfindenden Internationalen
Jugendbegegnung.
Was vor fast sieben Jahrzehnten im
Flößberger Wald geschah, die Natur versucht
immer wieder, die Spuren der Zwangsarbeit,
der Gewalt, des Todes zu übergrünen. Zu
jenen, die die Erinnerung an das
Zwangsarbeitslager der braunen Machthaber
wachhalten wollen, gehört seit Jahren die
Kindervereinigung in Leipzig mit ihren in
Frohburg beheimateten Jugendcamps. Sie
bringen unter dem Leitgedanken "Erinnerung
bewahren - Europa gestalten" Sommer für
Sommer Heranwachsende verschiedener Nationen
zusammen. "Die Menschen lernen sich so besser
kennen", sagt Jérémy. Der 16-jährige, der in
der Bregane lebt, hält geschichtliches Wissen
für unverzichtbar, vor allem auch über die
Jahre des Faschismus in Deutschland, die auch
über sein Land viel Leid brachten. "Vor allem
geht es mir um die Ideologie, die
dahintersteht", sagt er. Er mache sich schon
Sorgen, dass so etwas wieder geschehen könne,
wenn auch in anderer Form.
"Was hier geschehen ist, ist Teil der
Geschichte. Daran sollte man erinnern", meint
auch Sophia aus Lauffen am Neckar. Gemeinsam
mit Lisa (14) und Nicole (14) aus Frohburg
rückt die 13-jährige Brombeerranken und hohem
Gras zu Leibe. Autan-Geruch liegt in der
Luft. Zwischen den hohen Kiefern, wo sich
noch Reste der Produktionshallen und der
Bunker befinden, soll einmal ein Rundweg die
Stationen des Erinnerns verbinden. Tage zuvor
war Hans-Ulrich Dietze von dem
Geschichtswerkstatt Flößberg e.V., der sich
seit vielen Jahren um die Erforschung und
Kenntlichmachung des Lagers kümmert, mit den
Jugendlichen über das Areal gegangen. "Es ist
wichtig, sich vor Augen zu führen, was hier
geschah - damit es sich nicht wiederholt",
sagt Nicole.
An die Zeiten, als Krieg und Gewalt das
Bild Europas prägten, zu erinnern, sei
richtig, sagt Patryýa (16): "Aber wir sollten
keinesfalls nur an das Schlechte denken." Das
bekräftigt ihre polnische Freundin Matgorata
(16) und nennt das Frohburger Camp als
ermutigendes Beispiel: "Die Atmosphäre ist
herzlich. Wir haben viele Freunde
kennengelernt." Für Carina, die in Leipzig
Kulturwissenschaften studiert und die seit
Jahren als Betreuerin dabei ist, ein gutes
Zeichen: "Ein solcher Austausch ist das
Beste, was man vorbeugend gegen Rassismus
machen kann."
Das Beschäftigen mit Geschichte hat viele
Facetten. Das Camp, in der
Jugendbegegnungsstätte der Kindervereinigung
in Frohburg angesiedelt, umfasste mehrere
Workshops und Ausflüge. Eine der Touren
zeigte jüngste europäische
Einigungsgeschichte auf: In Leipzig begab
sich die 20 Köpfe starke Gruppe auf die
Spuren der friedlichen Umwälzungen 1989/90.
Ein Video über das Camp entstand. Die
Recherchen und Konzepte für das Lagergelände
im Flößberger Wald sind demnächst nachzulesen
auf einer neu gestalteten Webseite
(
www.fisc4.eu). "Wir wollen
vermitteln, was geschah, ehe eine Einigung
Europas möglich wurde", sagt Klaus Winkler,
der die Treffen seit Jahren organisiert. Und
damit einen kleinen Beitrag leisten, jene
Chancen zu nutzen, die aus diesem Prozess der
Verständigung erwüchsen. "Vor ein paar
Jahrzehnten haben Menschen jener Völker, die
heute hier im Wald gemeinsam arbeiten,
aufeinander geschossen." Das sollte man sich
vor Augen führen. Den besten Weg, einander
näherzukommen, sieht Winkler darin,
"interkulturelles Lernen selbst zu erleben".