Nicht vergessen, was im Flößberger KZ geschah
Bad Lausicker Mittelschüler besichtigen das ehemalige Lagergelände im Fürstenholz / Verein will Gedenkstätte neu gestalten

Flößberg (tl/hud). Vor wenigen Tagen in Flößberg: 25 etwa 15 Jahre alte Schüler der Klasse 9a der Mittelschule Bad Lausick wollen in Begleitung der Klassenleiterin und Elternvertreterin das ehemalige KZ-Außenlager kennenlernen. Nach einem Vortrag in der Kirche besichtigen sie die gesamte Anlage einschließlich des Mahnmals.

Seit den siebziger Jahren widmet sich Hans-Ulrich Dietze, jetzt Pfarrer in Ruhe, der Aufgabe, dazu Auskünfte zu geben und KZ-Führungen zu machen. Diese Arbeit ist Teil einer kirchlichen Initiative, die ihren Höhepunkt vor fast 20 Jahren, am 9. November 1988, fand. "Damals führten weit über 100 Angehörige der Jungen Gemeinden des Bornaer Kirchenbezirks in Flößberg einen sogenannten KZ-Marsch durch", schildert Dietze. "Auch Vertreter der Sächsischen Landeskirche wie der damalige Landesjugendpfarrer Harald Bretschneider, ja sogar Funktionäre vom Geithainer Rat des Kreises, so der Stellvertreter des Vorsitzenden für Inneres Hans Wolf waren dabei." Nach einem Vortrag in der Kirche wurde an markanten Punkten des Lagers innegehalten, informiert und gebetet.

Grundlage dieser kirchlichen Führungen ist bis heute die genaue Befragung unmittelbarer Zeitzeugen seit 1970. Pfarrer Erich Senff war einer; Hans Zahn, der damals nur wenige Meter neben dem Barackengelände wohnte, oder Arno Heibutzki aus Buchheim, der als 15-jähriger Reichsbahnlehrling beim Einbau der großen Weiche zum Lager mitarbeitete. "Viele Leute konnten etwas beisteuern. Frau Koch von den Bad Lausicker Bahnhofshäusern berichtete mir über den Abtransport der Häftlinge bei Kriegsende, Frau König über die Unterbringung der KZ-Zwangsarbeiter im Flößberger Gasthof. Heinz Eydner zeigte mir die genaue Lage der damaligen Werkstätten, Bunker und Baracken sowie des gesamten Schienenverlaufs. Dementsprechend ist meine große KZ-Schaukarte entstanden", informiert Dietze. All das Zusammengetragene gab er an jeden weiter, der es haben wollte. Dazu gehörten 2001 auch Schüler des ehemaligen Friedrich-Schiller-Gymnasiums Bad Lausick, die an einem Projekt über das Flößberger Lager arbeiteten.

Die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit ist zudem darauf gerichtet, Lehren für die Gegenwart und Zukunft zu ziehen. Deshalb freut sich Dietze auch, dass die Geschehnisse nicht vergessen werden. "Ab 1946/47 mit Einzelgräbern angelegt, wurden vom KZ-Friedhof im Flößberger Fürstenholz Ende der fünfziger Jahre 98 zunächst in Flößberg Begrabene nach Borna an den Ausgang der Lobstädter Straße umgebettet. Die Pflege der Flößberger Mahnstätte übernahmen sowohl die 5. bis 8. Schulklassen Flößbergs als auch das Ehepaar Lehnhardt", weiß der heutige Pfarrer in Ruhe.

Mehrmals im Jahr, besonders zu politischen Gedenktagen und während der Ferienspiele, brachten junge Leute mit ihrer Lehrerin oder Hortnerin das Areal in Ordnung. Als ab 1972 nur noch Grundschüler in Flößberg unterrichtet wurden, pflegten 7. Klassen aus Oberschulen Kitzschers die Stätte. Im Beisein von Opfern des Faschismus, die immer mit zwei Bussen aus Espenhain kamen, gestalteten die Schüler am Tag der Befreiung und am Tag der Opfer des Faschismus Programme, wurde der Opfer gedacht.

"Mit der Wende hörte die bisherige politische Inanspruchnahme der Gedenkstätte auf und damit mehr oder weniger auch deren Pflege. Heute ist der Jägerzaun morsch, durchwühlen Wildschweine das Areal", konstatiert Dietze. Das aber soll sich bald ändern.

Die 2005 entstandene Initiative "Flößberg gedenkt", die sich zum Ziel setzte, den Friedhofscharakter wiederherzustellen, und der Nachfolgeverein "Flößberger Geschichtswerkstatt" können schon auf beachtliche Arbeitsergebnisse verweisen. So ist die würdige Neugestaltung der Gedenkstätte zu erwarten. Es würde auch Hans-Ulrich Dietze freuen. Ihren Dank für den interessanten Tag drückten Schüler und Lehrer inzwischen auch mit einer Spende für das Mahnmalprojekt aus.
Text: Leipziger Volkszeitung (20.05.2008)
Foto: unbekannt
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