Übermorgen
ist wieder Totensonntag: Ein guter Grund, sich
derer zu erinnern, die ganz in der Nähe
zwangsarbeiten mussten und starben
Flößberg/Eulatal. Übermorgen ist Sonntag,
Totensonntag. Anlass zu gedenken, zurück zu
schauen. - Es war der Totensonntag im vorigen
Jahr. Ein kalter, verschneiter Sonntag Ende
November. Mein Vati hatte einen Spaziergang in den
Flößberger Wald vorgeschlagen. Und das aus einem
ganz besonderen Grund. Im Wald nämlich, nahe der
Straße, die nach Beucha führt, steht, was einige
vielleicht gar nicht wissen werden, ein Denkmal,
das an Häftlinge aus dem Zweiten Weltkrieg
erinnern soll. Viele werden sich jetzt fragen:
Häftlinge? Denkmal? Flößberg?
Wer es nicht weiß: Als Ende 1944 / Anfang 1945
im thüringischen Konzentrationslager Buchenwald
eine Überbelegung drohte, wurden Zweigstellen des
KZ errichtet. Eine davon war im Flößberger Wald.
Hier sollten die aus Buchenwald gelieferten
Gefangenen unter Anleitung und Aufsicht älterer
ungarischer SS-Männer knapp gewordene Panzerfäuste
herstellen. So wurden die Männer und Frauen in den
kalten Dezember- bzw. Januarnächten auf Güterwagen
in den Flößberger Wald gebracht und mussten bis zum
Morgen auf die Tauchaer SS warten. Diese ließ sie
dann sofort hart arbeiten.
Durch ihre schwere Arbeit, die Kälte und
mangelnde Ernährung trat bald ein Massensterben im
Zweiglager ein. Die bereits qualvoll Gestorbenen
begrub man im Flößberger Wald. Weitere
Todeskandidaten brachte man wieder zurück nach
Buchenwald, wo sie für erneute Arbeit
"aufgepäppelt" wurden. Das geschah nahezu jede
Woche. Als am 11. April 1945 das
Konzentrationslager Buchenwald und somit auch
seine Außenstellen befreit wurden, kam endlich
die Erlösung. Doch kaum jemand überlebte diese
Strapazen.
Das Denkmal ist das einzige Zeugnis dieser
furchtbaren Geschichte. Doch es gerät immer mehr
in Vergessenheit. Eine sehr traurige
Angelegenheit. Meine Eltern und ich waren im
Vorjahr sehr enttäuscht, dass wir die einzigen
waren, die an einem Tag, der den Toten gewidmet
ist, diesen Menschen gedacht haben. Wollen viele
den Gedanken verdrängen, dass in unserer
unmittelbaren Umgebung so etwas Furchtbares
geschehen ist? Doch wenn wir nicht mehr daran
denken, wird es auch nicht besser. Man kann die
Vergangenheit nun mal nicht rückgängig machen,
aber daraus lernen. Ob zum diesjährigen
Totensonntag mehr Menschen zu diesem Ort des
Grauens und der Schande kommen? Es wäre ein
erster Schritt wider das Vergessen.
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