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Heimatforscher finden
Deutzener Kirche wieder
Zum Jubiläum "100 Jahre Bergbau in Deutzen" wird
auf dem Adria-Damm ökumenischer Gottesdienst
gefeiert
Deutzen. Die Mitglieder der Deutzener
Ortsgruppe des Heimatvereins Regis-Breitingen
haben die alte evangelische Kirche von Deutzen
wieder gefunden. Nicht die Kirche an sich - die
wurde Anfang des 20. Jahrhunderts vom Tagebau
Borna verschlungen. Aber zumindest den genauen
Standort des Gotteshauses. Der wurde bislang
inmitten der "Adria" vermutet. Stimmt nicht.
Sagen die Heimatforscher Erwin Rümenapp und
Karl-Heinz Feiner. Die Kirche stand dort, wo
heute der Adria-Damm ist.
"Wir haben alte und aktuelle Karten von
Deutzen nebeneinander gelegt. Dabei ist uns
aufgefallen, dass die Kirche vor 100 Jahren
nicht - wie bislang angenommen - dort stand,
wo heute das Wasser im Speicherbecken steht",
erklärt Erwin Rümenapp, der sich insbesondere
mit der Geschichte der Kirchen in Deutzen
befasst.
Eine Entdeckung, die auch im Rahmen der
Feierlichkeiten zum Jubiläum "100 Jahre
Bergbau in Deutzen" (die LVZ berichtete) eine
Rolle spielen soll. Karl-Heinz Feiner: "Wir
werden am 25. Juni - einen Tag nach der
Ausstellungseröffnung im Kulturpark - am
Standort der ehemaligen Kirche einen
ökumenischen Gottesdienst feiern." Außerdem
werden an den nachempfundenen Eckpunkten der
sakralen Immobilie Bäume gepflanzt. "Wir
wollen so auch für künftige Generationen
dokumentieren, wo die Kirche stand", sagt
Feiner.
Mit der Kohle 1912 kamen auch die Bayern
nach Deutzen. Und damit der Katholizismus.
Womit erklärt wäre, warum es in Deutzen heute
eine katholische Kirche und mit dem
Gustav-Adolf-Haus nur eine evangelische
Kapelle gibt. Eine Tatsache, mit denen sich
Feiner und Rümenapp an die Pfarrer in Borna
wandten. Waldemar Styra von der katholischen
Gemeinde in Borna, zu der Deutzen zählt, und
Superintendent Matthias Weismann seien von
Anfang an begeistert von der Idee gewesen,
auf dem Adria-Damm einen ökumenischen
Gedenkgottesdienst zu feiern. "Das macht uns
stolz und wird sicherlich ein Höhepunkt im
Rahmen der Festlichkeiten zum Jubiläum",
freut sich der Ortsgruppenvorsitzende. Im
Anschluss an die Gedenkfeier für die
abgerissene evangelische Kirche (18:00 Uhr)
auf dem Damm, wird dann in der katholischen
Kirche das Johannesfest gefeiert. Dazu wird
es ein Kulturprogramm mit mehreren Chören,
ein Johannesfeuer im Pfarrgarten geben.
Wie berichtet, eröffnet tags zuvor die
Ausstellung zur 100-jährigen Geschichte der
Industrialisierung des Ortes. Das war aber
noch nicht alles, was die kleine Ortsgruppe
für das 100-jährige auf die Beine stellte:
Am 30. Juni kommen ehemalige Bergbau-Kumpel
aus ganz Deutschland nach Deutzen, um mit
Kindern der Grundschule in die Kohlebahn zu
steigen und von Regis-Breitingen nach
Meuselwitz zu fahren. "Da wird es sicherlich
manch interessantes Gespräch geben, und die
Alten können den Jungen etwas über früher
erzählen", so Feiner. Denn etwas von damals
an die jüngere Generation weiterzugeben, ist
den Mitgliedern der Ortsgruppe eine
Herzensangelegenheit.
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Text: Thomas Lieb, Leipziger Volkszeitung (28.05.2010) Foto: |
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Gedenken auf Adria-Damm
Deutzen
Deutzen (thl). Der ökumenische Gottesdienst
am Freitag (25. Juni 2010) auf dem Damm der
Adria, am Standort der ehemaligen evangelischen
Kirche von Alt-Deutzen, soll mehr sein, als das
Gedenken an den 100. Jahrestag der
Industrialisierung des Tagebaudorfes.
Superintendent Matthias Weismann, der Pfarrer
der katholischen Gemeinde Waldemar Styra und
die evangelische Pfarrerin Christine Jakob
wollen dabei auch der Devastierung des Ortes
Alt-Deutzen und der Entwidmung der Kirche am 31.
Oktober 1965 und deren anschließenden Abrisses
sowie weiteren Kirchen und Dörfern gedenken. Die
evangelische Kirche in Deutzen gehört zu einer
der 17 Kirchen, die in der Folge des
Braunkohlebergbaus zusammen mit ihren
Ortschaften im Bereich des Kirchenbezirkes
zerstört wurden.
"In diesem Zuge wird auch das schwimmende
Denkmal Vineta, das auf den Störmthaler See
gebracht werden soll und an die Magdeborner
Kirche erinnert, zu sehen sein", kündigte
Weismann an. Zuletzt wurde die Emmauskirche aus
Heuersdorf vor zweieinhalb Jahren nach Borna
verbracht. Die Taborkirche aus Heuersdorf ist
als letzte Kirche dem Abriss preisgegeben.
Die Zufahrt mit dem Auto zum Gottesdienst
auf dem Damm ist ab 17:00 Uhr über die Auffahrt
neben der Firma Etzold möglich. Der Zugang zum
Damm erfolgt von der Ecke Südstraße /
Friedensstraße in Deutzen. Eingeladen sind alle
Deutzener und Bewohner der umliegenden Gemeinden
sowie besonders die der ehemaligen Orte Görnitz,
Hartmannsdorf, Blumroda und Bergisdorf.
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Text: Leipziger Volkszeitung (22.06.2010) Foto: |
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Standort dank GPS
rekonstruiert
Dort, wo die alte Deutzener Kirche stand, feiern
etwa 100 Menschen einen Gedenkgottesdienst
Deutzen.
Es war eine Premiere. Dort, wo einst Deutzens
evangelische Kirche stand, wurde Freitagabend
(25. Juni 2010) ein ökumenischer
Gedenkgottesdienst gefeiert. Er reihte sich ein
in die Veranstaltungen zum 100. Jahrestag des
Aufschlusses des Tagebaus Deutzen. Etwa 100
Menschen hatten sich dazu nahe des
1.800-Seelen-Ortes auf dem "Adria"-Damm
versammelt.
Punkt 18:00 Uhr wehte das Glockengeläut der
katholischen Kirche von Deutzen herüber, Vögel
zwitscherten unter blauem Himmel. Die
Atmosphäre war angenehm, der Hintergrund des
Zusammentreffens ernst. Denn der vom Menschen
vorangetriebene Bergbau birgt zwei Seiten in
sich. Er brachte Generationen Brot, Arbeit und
wirtschaftliche Sicherheit, sagte die
evangelische Pfarrerin Christine Jakob, aber
auch Zerstörung von Natur, Dörfern und
Kirchen. "Gewinn und Verlust, beides sollte
bedacht werden, wenn wir uns an die 100 Jahre
erinnern."
Mit Hilfe von GPS-Technik wurden die
Koordinaten der verschwundenen Kirche
rekonstruiert, erzählte Erwin Rümenapp von der
Ortsgruppe Deutzen des Regiser Heimatvereins.
Die Heimatfreunde schlugen vier Pflöcke ein
und markierten so den acht mal 16 Meter großen
Umriss des einstigen Gotteshauses. Und sie
stellten eine Tafel mit Informationen und
Fotos der 1728 geweihten und 1965 entwidmeten
Kirche auf. Deutzens evangelische Kirche war
in dieser Region eine von 17 Gotteshäusern,
die durch den Bergbau zerstört wurden,
erinnerte Superintendent Matthias Weismann.
Witznitz sei 1941 die erste gewesen, "die
Taborkirche von Heuersdorf wird 2010
hoffentlich die letzte sein". "Nur die
Emmauskirche konnte 2007 nach Borna gebracht
werden." Die gewaltigen Eingriffe hätten hier
23.000 Menschen die Heimat gekostet, 70
Ortschaften oder Teile davon seien devastiert
worden. Wir sollten uns aber nicht nur
klagend erinnern, so Weismann, sondern auch
dankbar sein. Denn aus gelernten Fehlern
könne etwas Neues entstehen. "Wir wollen
optimistisch in die Zukunft schauen",
ergänzte Bornas katholischer Pfarrer Waldemar
Styra. Der aktive Bergbau müsse uns erhalten
bleiben, auch, damit die Menschen Arbeit
haben.
In die Geschichte seit dem Spatenstich
für den ersten Entwässerungsschacht am 24.
Juni 1910 führte Karl-Heinz Feiner, der die
Ortsgruppe des Heimatvereins leitet.
"Deutzen, ein kleines Bauerndorf mit 365
Einwohnern, entwickelte sich bis auf 4.300
Einwohner in den 1960er und 1970er Jahren."
Industrielle Meilensteine seien der
Aufschluss des Tagebaus, die Errichtung des
Braunkohlenwerkes Kraft II und die
Inbetriebnahme der Brikettfabrik sowie
später der Schwelerei gewesen. Menschen aus
Schlesien, Bayern und Thüringen zogen zu,
es habe sich ein neues kulturelles Leben
entwickelt. Feiner: "In fast keinem anderen
Ort der Region ist die Veränderung durch
die Braunkohle so sichtbar und spürbar wie
in Deutzen." Der alte Ort habe 1965/66 der
Kohle weichen müssen und wurde auf
ausgekohltem Gelände neu gegründet, das sei
in Deutschland einmalig.
Eine neue evangelische Kirche erhielt Deutzen
aber nicht. Die DDR-Behörden verweigerten sogar
ein Geschenk. Laut Rümenapp wollte der Weltbund
der evangelischen Kirchen in Deutzen ein
Gotteshaus errichten, es stehe heute als Neue
Zionskirche in Dresden. Er könne sich aber
vorstellen, so Rümenapp, dass an der alten
Stelle eine Kirche im Grünen entstehe - mit
Bäumen und Bänken. Laut Weismann sollen in der
nächsten Zeit die genauen Standorte aller
überbaggerten Kirchen ermittelt und wie in
Deutzen markiert werden.
Standpunkt: Es
geht um den eigenen Lebensraum
von Frank Prenzel
"Nur
wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft
gestalten." Mit diesen Worten beendete Erwin
Rümenapp vom Regiser Heimatverein seine
Ausführungen über die in den 1960er Jahren
abgerissene Deutzener Kirche. Die Weisheit ist
nicht neu, in jenem Moment auf dem "Adria"-Damm
aber zurecht in Erinnerung gerufen worden. Denn
gerade beim Bergbau liegen Segen und Fluch eng
beieinander - damals wie heute. Und es liegt in
der Hand des Menschen, den Energiehunger so
umweltfreundlich wie möglich zu stillen.
Schließlich geht es um nichts Geringeres als um
den eigenen Lebensraum. Im Leipziger Südraum, in
Deutschland, in Europa, auf der Welt.
Und es geht um Heimat. Sehr viel ist hier
bereits von der Landkarte verschwunden und
macht(e) Platz für eine neue Landschaft. Das
Vergangene zumindest in den Köpfen zu bewahren,
haben sich viele Heimatfreunde auf die Fahne
geschrieben. Das ist gut und wichtig, denn
durch den Generationswechsel verblassen die
Erinnerungen.
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Text: Frank Prenzel, Leipziger Volkszeitung (28.06.2010) Foto: Günther Hunger |
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