Rückblick
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Katholiken spucken Erbsen
Auch mit Humor: St. Joseph feiert 90 Jahre Gemeinde und 89. Kirchweihfest

Borna. Am Wochenende (11. bis 12. Oktober 2008) beging die katholische St. Joseph - Gemeinde in Borna das Jubiläum ihrer Gründung vor neun Jahrzehnten mit dem Kirchweihfest inklusive einer kleinen Feier und einer Messe. Das zu einem Pfarrhaus und einer Kirche umgebaute Offizierskasino in der heutigen Stauffenbergstraße war ein Jahr nach der Gemeindegründung, am 5. Oktober 1919, eingeweiht worden.

"Die Tür steht bei uns für jeden offen", betonte am Sonnabend der katholische Pfarrer in Borna, Waldemar Styra, zum 89. Kirchweihfest. Besucher aus der eigenen Gemeinde, der evangelischen Kirche und auch Konfessionslose saßen bei Wein und Bier im Saal des Pfarrhauses, um das traditionelle Kirmesfest zu feiern. Auf dem Programm standen Tanz und gemeinsames Singen, auch eine Tombola lud zum Mitmachen ein. Gestern Morgen fand der Abschluss der zweitägigen Feierlichkeit mit einer Heiligen Messe in der Kirche statt.

Mit dem Erbsenspucken am Einlass merkten die Besucher am Sonnabend bereits: Hier geht es locker zu. Jeder musste Erbsen in unterschiedlich große Töpfe spucken. Der Eintrittspreis richtete sich nach den Treffern. "Mit dem Erlös wollen wir die Feier finanzieren", erklärte Judith Kreißig von der katholischen Jugend. Auch Erwin Rümenapp versuchte sich bei dem ungewöhnlichen Spiel. "Das zeigt, dass die jungen Leute aktiv am Gemeindeleben teilnehmen", sagte der Deutzener, der hier seit Jahren als Pfarrchronist über die langjährige Geschichte der katholischen Kirche Borna recherchiert. Derzeit bereitet er eine Festschrift für das 90. Kirchweihjubiläum im kommenden Jahr vor. Erst im August feierte die Gemeinde das 90. Jahr ihres Seelsorgeamtes in der heutigen Stauffenbergstraße.

Das hiesige Pfarramt St. Joseph in Borna ist das Zentrum der katholischen Gemeinde, zu der auch die Außenstellen Kitzscher, Regis-Breitingen, Frohburg und Deutzen gehören. Insgesamt zählt die Bornaer Gemeinde 600 Mitglieder, etwa 2,8 Prozent der Einwohner.

"Natürlich hat es die Kirche in einer stark atheistisch geprägten Region wie Borna nicht gerade leicht", berichtete Rentner Erwin Rümenapp, der von 1990 bis 2002 die Statistiken beim Arbeitsamt führte. Doch entscheidend seien vielmehr die Aktivitäten der Mitglieder. Und die Bornaer Gemeinde sei sehr aktiv. "Das merkt man schon daran, dass alle beim Gottesdienst kräftig mitsingen."

Rümenapp kam 2001 mit seiner Ehefrau von Leipzig nach Deutzen, kann also durchaus Vergleiche ziehen. In der Messestadt gehörte er zu der Liebfrauen - Gemeinde, die erst vor 14 Tagen ihr 100-jähriges feierte und in der westsächsischen Region als Vorreiter der katholischen Kirche gilt. "Zwar fand in Borna der erste katholische Gottesdienst bereits im Juli 1890 statt, allerdings nur für Militärangehörige", weiß Rümenapp. Erst seit 1902 seien zivile Gottesdienste durchgeführt worden. Mit der Zuwanderung von polnischen Landarbeitern sei die Zahl der Katholiken hierzulande auf über 2.200 Menschen angestiegen. Das sächsische Kultusministerium habe im August 1918 der vierten Kaplanstelle im Pfarramt St. Trinitatis zu Leipzig zugestimmt und damit dem ständigen Seelsorgeamt in Borna. "Das könnte damals auch die letzte Entscheidung des sächsischen Königs vor seinem Abgang gewesen sein", so Rümenapp. Ein Jahr später konnte die St. Joseph - Kirche mit Pfarrhaus im ehemaligen Offizierskasino in der Kasernenstraße eingeweiht werden.

Styra ist seit sechs Jahren in der Kreisstadt Pfarrer. "Die Mitgliederzahlen sind stabil", informierte der gebürtige Pole. In den kommenden Wochen stünden wieder vier Taufen von festen Mitgliedern aus seiner Gemeinde an.
Text: Peter Krischunas, Leipziger Volkszeitung (13.10.2008)
Foto: Peter Krischunas
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