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Trauer um den Papst
Gottesdienste am Wochenende im Zeichen von
Johannes Paul II.
Borna/Geithain.
Der Tod von Papst Johannes Paul II. ist auch in
der Borna-Geithainer Region mit tiefer Trauer
aufgenommen worden. Der Pfarrer der katholischen
St. Joseph - Gemeinde in Borna, Waldemar Styra,
rückte gestern (Sonntag, 3. April 2005) Vormittag
das Ableben des Papstes in den Mittelpunkt seiner
Predigt.
Etwa 200 Menschen wohnten gestern in der
katholischen Kirche in Bornas Stauffenbergstraße
dem Gottesdienst bei. "Wir wollen nicht nur um
den Heiligen Vater trauern. Wir wollen Gott danken,
dass wir ihn gehabt haben", sagte Styra. Am
Nachmittag lud er zu einem Rosenkranz-Gebet für
den verstorbenen Papst ein. "Auch bei den
Gottesdiensten am Dienstag und Mittwoch werden
wir für den Heiligen Vater beten", sagte Styra.
"Wir haben in den vergangenen Tagen vor allem
für ein gutes Sterben gebetet", sagte gestern
Johannes Stenzel, Pfarrer i.R. aus Geithain.
Gestern Vormittag hatten sich 30 Gläubige der
Gemeinde St. Benno versammelt. Der große
Gottesdienst am Nachmittag in St. Nikolai war
mit der Erstkommunion von Kindern aus der
Gemeinde Geithain - Bad Lausick verbunden, und
auch hier wurde für den Papst gebetet.
"Ich kann mir einen anderen Papst gar nicht
vorstellen", sagte Waldemar Styra gegenüber der
LVZ. Styra ist wie Johannes Paul II. in Polen
geboren und aufgewachsen. Und beide erblickten
an einem 18. Mai das Licht der Welt - mit 50
Jahren Zeitunterschied. "Der Heilige Vater hat
mein Leben geprägt", betonte denn auch der
34-jährige, der vor acht Jahren in Opole
(Oppeln) zum Priester geweiht wurde und seit
2002 in Borna ist. Indes: Persönlich begegnet
ist Styra dem Papst nie, erlebte ihn aber einmal
bei einer Veranstaltung in Czestochova (Tschenstochau)
Ende der 1990er Jahre.
"Er war in den 26 Jahren ein Papst zum Anfassen,
er war präsent und auf der ganzen Welt bekannt",
lobte Pfarrer Styra, den die Fernsehbilder dieser
Tage sehr bewegen. Eines der Verdienste von Johannes
Paul II. sei gewesen, "dass er zu den Juden und
anderen christlichen Religionen den Weg suchte".
Dass die Würde des Menschen unantastbar ist, habe
immer im Zentrum seiner Botschaften gestanden.
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"Der Tod geht uns allen
sehr nahe"
Meinungen vor dem Gottesdienst der katholischen
Kirche in Borna
Borna. Der Tod des Papstes "geht uns allen
sehr nahe", sagte gestern Walter Staudacher aus
Neukirchen vor dem katholischen Gottesdienst in
Borna. "Es wird schwer, einen würdigen Nachfolger
zu finden." In den 26 Jahren habe der Papst das
Amt geprägt und viel für die Jugend und die
Wiedervereinigung Deutschlands getan, würdigte
Walter Staudacher. Auch der Mut von Johannes
Paul II. beeindruckte den Neukirchener. Der
Papst hatte noch zu sozialistischen Zeiten in
seinem Heimatland gesagt, dass der Kommunismus
für Polen den Niedergang bedeute.
Geschockt und gefasst nahm Martina Murawa aus
Borna die Nachricht vom Tod des Papstes auf. "Ich
bin traurig über den Verlust." Johannes Paul II.
sei ein bedeutender Papst gewesen, der "viel Gutes
bewirkt hat". Martina Murawa lobt dessen
Friedensbemühungen ebenso wie die Zusammenführung
der Religionen.
Bornas früherer Oberbürgermeister Bernhard
Schubert sagte: "Wir werden es schwer haben,
wieder so einen hervorragenden Menschen zu finden."
Er würdigte die Reisen von Johannes Paul II.
Dessen theologische Ansichten habe er hingegen
"etwas kritischer" gesehen.
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Text: Frank Prenzel & Ekkehard Schulreich, Leipziger Volkszeitung (04.04.2005) Foto: Jens Paul Taubert |
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[Zum Vergrößern auf das Bild klicken.] |
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Fotos: Katholisches Pfarramt St. Joseph Borna |
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Weismann: Ökumene ist
die Zukunft
Betroffenheit über Papst-Tod auch in nicht
katholischen Kreisen / Totenmesse am Donnerstag
Borna. Auch in nicht katholischen
Kreisen der Region löste der Tod des
Papstes Betroffenheit aus. Der
Superintendent des
evangelisch-lutherischen Kirchenbezirkes
Borna, Matthias Weismann, sprach der
katholischen Gemeinde Bornas in einem
Brief das Mitgefühl der evangelischen
Christen aus.
Papst Johannes Paul II. war in Weismanns
Augen eine "ganz große Persönlichkeit"
dieser Zeit, der "viel bewirkt hat und
streitbare Ansichten vertrat". Er sei ein
konservativer Theologe gewesen, "der in
unglaublich charismatischer Art auf die
Menschen eingehen konnte". Für die
Ökumene, das Miteinander von Christen
verschiedener Konfessionen, habe Johannes
Paul II. aber keine sonderlichen Impulse
gegeben, sagte Weismann gestern weiter.
Dort aber sieht der Superintendent eine
der wichtigsten Aufgaben und die Zukunft.
"Wir versuchen in unserer Region schon
vieles gemeinsam zu machen", erklärte er.
Das Projekt "neu anfangen" (die LVZ
berichtete) gehört dazu. "Es gibt freilich
noch Reserven, und auch in der Lehre sind
uns Grenzen gesetzt." Es komme aber darauf
an, das christliche Zeugnis wie die
Bewahrung der Schöpfung gemeinsam zu
entwickeln. Insofern erhofft Weismann vom
nächsten oder übernächsten Papst, dass der
allen anderen Christen nicht die
väterliche, sondern eine geschwisterliche
Hand reicht.
Der Papst habe den Weg mit bereitet,
"dass durch die friedliche Revolution 1989
die hoffentlich letzte Diktatur in
Deutschland hinweg gefegt wurde", würdigte
gestern Oberbürgermeister Bernd Schröter (BfB)
und lobte auch dessen Einsatz für die Jugend.
Vom neuen Papst erwartet Schröter ebenfalls
ökumenische Bemühungen. Er habe die Macht,
das Miteinander zu beeinflussen,
fruchtbringend für die Menschheit.
Landrätin Petra Köpping (SPD) empfindet
den Tod des Papstes als "Verlust für die
Menschheit". Er habe zu den größten
Persönlichkeiten gezählt, die weltweit
agierten. Die Kreis-Chefin würdigte die
Reisen des Polen selbst in entlegenste
Ecken der Welt und seine Verdienste um die
deutsche Einheit. Vom neuen Papst erwartet
sie unter anderem ein Nachdenken beim
Thema Verhütung. Die Stellung der
katholischen Kirche zur Geburtenregelung
sei nicht zeitgemäß und gerade für
bevölkerungsreiche Regionen der Welt
problematisch.
Wenn der Papst am Freitag beigesetzt
wird, läutet auch die Glocke der
katholischen Kirche in Borna. Pfarrer
Waldemar Styra kündigte zudem an, am
Donnerstag um 18:30 Uhr eine Totenmesse
in der Kirche in der Stauffenbergstraße
zu halten. Dort brennen seit Sonntag (3.
April 2005) Kerzen neben einen Bild von
Johannes Paul II.
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Text: Frank Prenzel, Leipziger Volkszeitung (05.04.2005) Foto: |
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"Er hat bis zuletzt
durchgehalten"
LVZ-Umfrage: Was die Bornaer zum Tod des Papstes
sagen
Borna.
Der Tod des Papstes bewegt auch die
Menschen in Borna. Dies zeigte sich
gestern (Montag, 4. April 2005) bei einer
LVZ-Umfrage im Stadtzentrum.
"Ich habe in den letzten Tagen viel
darüber im Fernsehen gesehen", so Markus
Henick. Am Ende sei es ziemlich schlimm
gewesen, weil sich der Mann so sehr
gequält habe, meint der Gymnasiast.
Bewundernswert fand er, dass der Pontifex
seine Pflichten bis zum Schluss
wahrgenommen hat.
"Er war ein Papst aus Polen, aus einem
ehemals sozialistischen Land, das wird
haften bleiben", sagt Albert Thormann.
Mitschülerin Christin Richter erwartet von
seinem Nachfolger, "dass er so weiter
macht wie Johannes Paul II.". Ihr
Schulkamerad Sebastian Thomas ergänzt:
"Ich hoffe, dass der neue Papst etwas
liberaler wird. Gerade in Fragen der
Sexualität und der Pille."
"Er hatte das Alter, er hat bis zuletzt
durchgehalten, und er hatte einen schönen
Tod", so sieht es Karl-Heinz Huge.
Nachdenklich äußerte er sich über einen
potentiellen Nachfolger. Die meisten
Kardinäle seien zu alt. Er wünscht sich
einen Papst aus der Nachkriegsgeneration.
"Die sind offener", so Huge.
Birgit Kaiser ist traurig. "Er war ein
guter Mensch, er hat viel getan und war
für alle offen." Sie habe kein Problem mit
der Öffentlichkeit gehabt, die sein
Sterben begleitet hat. Sie habe ihn für
seinen Mut bewundert, sagt die Deutzenerin.
"Alles hat er nicht richtig gemacht",
meint Uta Waldenburger. Für die streng
katholische Frau hat der verstorbene
Papst eine Mitverantwortung für die
Aids-Problematik in den armen Ländern.
Seine Haltung zu Verhütung und Sexualität
sieht sie sehr kritisch. "Ich finde auch
nicht in Ordnung was die katholische
Kirche mit ihren Pastoren macht", spielt
sie auf das Zölibat an. Für ihre Bekannte
Christa Schmitteck ist das "wider die
Natur". Dennoch sind sich beide einig:
Johannes Paul II. war für sie ein Papst,
der mehr zur Menschheit gepasst hat als
seine Vorgänger.
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Text: Jörg Reuter, Leipziger Volkszeitung (05.04.2005) Fotos: Jörg Reuter |
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Abschied vom Papst:
Bornas Katholiken feiern ein Requiem
in ihrer Kirche
Borna.
Abschied vom Papst: Die katholische
Kirchgemeinde Borna um Pfarrer Waldemar
Styra feierte gestern (Donnerstag, 7.
April 2005) Abend ein Requiem.
In der Kirche in der Stauffenbergstraße
hatten sich etwa 100 Gläubige versammelt,
um Johannes Paul II. mit einer Totenmesse
die letzte Ehre zu erweisen. Heute wird
der Verstorbene in Rom zu Grabe getragen.
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Text: Leipziger Volkszeitung (08.04.2005) Foto: Andreas Döring |
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Der neue Papst im
Spiegel der Meinungen
Freude und Skepsis - "ein patenter
Denker"
Benedikt XVI. aus Sicht beider Konfessionen
Borna/Geithain. Zwischen Begeisterung
und Zurückhaltung bewegen sich die Kommentar
aus Borna und Geithain, die die Wahl des
langjährigen römischen Kurienkardinals
Joseph Ratzinger zum neuen Papst begleiten.
Dabei tauchen auch Zweifel auf, ob Benedikt
XVI. die Konfessionen mehr als bisher
zusammenführen kann.
Der Pfarrer der katholischen Gemeinde
Geithain - Bad Lausick, Gregor Hansel,
traut dem neuen katholischen Oberhirten
zu, dass er die Kirche in rechter Weise
leitet und die Erwartungen einer Mehrheit
erfüllen wird. Mit Blick auf die Ökumene
äußert Hansel allerdings leichte Zweifel.
"Es wird wohl keine Rückschritte geben,
aber ob sich viel nach vorn bewegt, ist
die Frage."
Anders dagegen bewertet der Pfarrer
der katholischen St. Joseph - Gemeinde
Borna, Waldemar Styra, die Wahl des
78-jährigen Bayern zum Pontifex maximus.
"Ich freue mich", erklärt er auf Anfrage
unserer Zeitung und unterstreicht, dass es
sich bei Ratzinger um einen "patenten
Theologen und Denker" handle. Seine Wahl
sei vor allem für Westeuropa wichtig, das
in einer Glaubenskrise stecke.
Benedikt XVI. kenne aber die Mentalität
in Deutschland sehr gut, und er könne mit
seinen guten Argumenten gerade hier viel
bewirken. Er habe seinen Vorgänger
Johannes Paul II. lange begleitet und
werde dessen Politik wohl fortsetzen,
zugleich aber auch eigene Akzente setzen.
Styras Hoffnung: Dass der neue Papst
Deutschland einen ebenso großen Impuls
geben kann wie das Johannes Paul II. in
den 70er- und 80er-Jahren in Polen
gelungen sei.
Zurückhaltung dagegen beim evangelischen
Bornaer Superintendenten Matthias
Weismann. Ratzinger sei als langjähriger
Leiter der Kongregation für Glaubensfragen
bekannt als ein Theologe mit Grundsätzen.
Er habe aber die Hoffnung, dass er als
Papst anders agiere als in seiner
vorherigen Position. Zur Ökumene, zu der
sich der neue Papst gestern (Mittwoch, 20.
April 2005) bei seiner ersten Messe in der
Sixtinischen Kapelle bekannte, gebe es
keine Alternative, so Weismann weiter. Der
neue Papst verspreche jedenfalls einen
interessanten Disput, "und er ist
vielleicht auch für Überraschungen gut".
Wichtig sei, dass die katholische Kirche
und damit auch der neue Papst andere
Konfessionen wirklich ernst nehme, etwa
was das Amtsverständnis und die
Abendmahlpraxis anbelange.
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Kaum Änderungen
Borna/Geithain (nn/es/tl). Geteiltes
Echo unter Christen und Nichtchristen auf
Benedikt XVI. als neues Oberhaupt der
katholischen Kirche. So macht der
langjährige Bornaer Oberbürgermeister
Bernhard Schubert, praktizierender
Katholik, kein Hehl daraus, dass Joseph
Ratzinger nicht sein Wunschkandidat war.
Deshalb erwartet er auch keine Änderung in
der Politik des Vatikans, was den Umgang
mit dem Priestermangel anbelangt. "Ich
hoffe aber, dass der neue Papst den Zugang
zu den Menschen findet." Bisher habe er
intellektuell und kühl gewirkt.
Der Bornaer Rechtsanwalt Roland Wübbeke,
auch CDU-Stadtratsfraktionschef und
ebenfalls katholisch, hat eine besondere
Beziehung zum neuen Oberhirten in Rom. Er
musste sich in seiner Abiturklausur mit
Ratzingers Werk "Die Hybris des Atheismus"
auseinander setzen. Wübbeke hofft, dass
Benedikt XVI. den Dialog mit den anderen
Weltreligionen fortsetzt.
Christine Telling vom Vorstand der
evangelischen Kirchgemeinde Frohburg hält
sich mit einem Urteil über den neuen Papst
zurück. Sie hofft aber, dass es "an der
Basis künftig mehr Kontakte zwischen der
evangelischen und katholischen Kirche
gibt".
Der Geithainer PDS-Kreis- und Stadtrat
Botho Hopp hält es "für eine großartige
Sache für unser Land, dass der Papst aus
Deutschland kommt." Er hofft, dass der
Papst nun bei vielen Problemen, die
Deutschland zu lösen hat, eine positive
Rolle spielt. Hopp: "Er hat ein positives
Erbe angetreten."
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Text: Inge Engelhardt & Nikos Natsidis, Leipziger Volkszeitung (21.04.2005) Foto: |
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Der Papst im
Schlecker-Regal
Ein polnischer Pfarrer, seine kleine katholische
Gemeinde im Süden Leipzigs und die Ratzinger-Euphorie
Borna.
Seit ein paar Tagen hat es der Vatikan bis zur
Kasse des Schlecker-Marktes geschafft. Johannes
Paul II. zwischen Schokoriegeln und einem
Bärchen-Puzzle. "Sein Leben und seine Lehren"
auf DVD, zum Preis einer günstigen Hautcreme.
Der Papst als Impulsware? Waldemar Styra,
Pfarrer der katholischen Gemeinde in Borna im
Süden von Leipzig, mustert seine Schuhspitzen.
"Gott erreicht die Menschen auf unterschiedliche
Art und Weise", sagt der 35-jährige. Plötzlich
huscht ein Lächeln über sein jungenhaftes Gesicht.
"Aber im Moment haben wir schon besonders gute
Werbung." Die Papst-DVD steht trotzdem wie Blei
im Schlecker-Regal. "Alle gucken, schmunzeln
und geh'n wieder", sagt eine Verkäuferin. "Kaum
unter der Erde, schon gibt's 'ne DVD", mault
dagegen ein älterer Herr.
Waldemar Styra kann mit den Vorwürfen umgehen.
Nahezu jede Live-Übertragung aus Rom hat er
gesehen. Die vier Millionen auf dem Petersplatz.
Die jungen Mädchen, die nächtelang in Decken
gehüllt ausharrten, um einen alten Mann zum
letzten Mal zu sehen. Und bis in die Nacht
hockte er vorm Fernseher, als sich die 115
Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle eingeschlossen
hatten, um schließlich am Dienstag voriger
Woche einen Deutschen zum neuen Papst zu
wählen. Ein TV-Marathon, den Gottlose vielleicht
zur Fußball-WM schaffen.
Seither muss sich der Pfarrer nicht nur um
seine Schäfchen in Borna, Deutzen, Regis oder
Kitzscher kümmern. Auf einmal soll es Interviews
geben. "Das machen bei uns normalerweise nur
die Bischöfe", grient er. In den vergangenen
Tagen riefen immer wieder evangelische Christen
bei ihm an. "Sie wollten zu uns kommen und ein
Licht anzünden." Auch dies ist neu. Es klopften
sogar Menschen an, "Heiden" wie er sie nennt,
welche Kirche nur aus dem Fernsehen kannten.
Ein bisschen viel Papst-Mania? "Ach, ich freue
mich einfach über das Interesse, wir sind offen
für jeden." Seine Gelassenheit inmitten des
Vatikan-Hypes mag daher rühren, dass Waldemar
Styra aus dem tiefkatholischen Polen stammt.
Als Angehöriger der deutschen Minderheit in
Oberschlesien kam er vor sechs Jahren hierher.
In seinem Schlafzimmer hängt ein ziemlich großes
Porträt von Karol Wojtyla. "Wir haben am gleichen
Tag Geburtstag", sagt er leicht gerührt. "Es
war immer schön, gemeinsam zu feiern." Wenn er
in seinem Bett liegt, kann er das Bild sehen.
Bis hierher wird es Joseph Ratzinger niemals
schaffen.
"Wir Polen sind papsttreu", sagt Styra. Er
meint damit auch: Die Deutschen nicht so sehr.
Kaum war Benedikt XVI. gewählt, meldeten sich
schon die ersten Kritiker. "Das verstehe ich
nicht", schüttelt Styra den Kopf. "Ich wünsche
den Deutschen nur halb so viel Begeisterung für
den neuen Papst, wie die Polen sie für ihren
Landsmann hatten".
Er steht jetzt an der Kanzel der katholischen
Kirche in der Stauffenbergstraße. Es ist der
Sonntag der Amtseinführung von Benedikt XVI.
Schon wieder sind Hunderttausende auf dem
Petersplatz in Rom. Das Fernsehen überträgt
seit den Morgenstunden live. Von Borna bis
nach Rom sind es rund 1030 Kilometer. Es ist
die Entfernung zwischen einem Religionsevent
und katholischer Basisarbeit.
Knapp 300 Menschen sind zum Gottesdienst
gekommen. Der Pfarrer gibt zunächst die
aktuellen Sterbefälle bekannt, die nächste
Beerdigung ist in Dittmannsdorf. "So viel
Gottesdienstbesucher sind es eigentlich
immer", sagt er. Das ist eine ganze Menge
in dieser Gegend. Borna ist Heidenland.
Jenes Westeuropa, von dem Styra sagt, dass
es sich in einer Glaubenskrise befindet.
Waldemar Styra, der papsttreue Priester
aus Polen erzählt in seiner Predigt den
Deutschen von ihrem Papst. "Er ist nicht
nur Seelsorger der Katholiken, er ist der
Vater der ganzen Welt." Draußen fährt ein
tiefer gelegter Golf mit quietschenden
Reifen los. Aus dem Autofenster hämmert
Dumpftechno. "Hyper! Hyper!"
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Text: Frank Döring, Leipziger Volkszeitung (27.04.2005) Foto: Frank Döring |
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