Neuseenland ist nicht
das Paradies
Christen aus vielen Kirchen feierten in
Borna gemeinsam den "Tag der Schöpfung"
Borna
(dw). Seit fünf Jahren lädt die
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen
in Deutschland jährlich zu einer zentralen
Feier des Ökumenischen Tags der Schöpfung
ein. Unter dem Motto "Zurück ins
Paradies?" fand die diesjährige Feier am
Freitag, dem 4. September 2015, in Borna
statt.
Vor dem gemeinsamen Gottesdienst in
der Bornaer Marienkirche hatten sich rund
150 Orthodoxe, Katholiken, Lutheraner,
Altkatholiken Methodisten und andere
Freikirchler aus dem ganzen Land auf
Exkursion begeben: Einen aktiven Tagebau
bekamen sie dabei vorgeführt, aber auch
idyllische Naherholungsgebiete, die aus
ehemaligen Braunkohle-Mondlandschaften
entstanden sind. Viele Verwundungen der
Natur aus DDR-Zeiten sind geheilt, konnten
sie dabei feststellen.
Von heiler Welt oder gar von
paradiesischen Zuständen kann dennoch
keine Rede sein, wurde ihnen in Gesprächen
mit Bewohnern der Region deutlich. Für
viele Arbeitsplätze, die nach der Wende
mit dem Braunkohletagebau wegfielen,
konnte kein Ersatz geschaffen werden.
Viele, die früher in einem der
weggebaggerten Orte gewohnt haben,
empfinden den Verlust ihrer Heimat nach
wie vor als schmerzlich. Die Emmauskirche
von Heuersdorf, die dem Tagebau
Schleenhain weichen musste und 2007 einen
neuen Platz neben der Marienkirche in
Borna fand, hält die Erinnerung daran
lebendig.
Alle bisherigen Versuche des Menschen,
die Erde aus eigener Kraft in ein Paradies
zu verwandeln, seien gescheitert, rief die
methodistische Bischöfin Rosemarie Wenner
in ihrer Predigt in Erinnerung. Wer
aufmerksam durch die Schöpfung gehe, sehe
viel Schönes, er sehe aber auch die
Erlösungsbedürftigkeit alles Geschaffenen.
Das eigentliche Paradies werde Gott noch
schaffen. Er setze sein schöpferisches Tun
fort, und der Mensch dürfe daran mitwirken.
Das Leid vieler Flüchtlinge vor Augen,
frage sich mancher zum Tag der Schöpfung
womöglich, ob es gegenwärtig nicht
Dringenderes gibt als sich über die
geschundene Natur Gedanken zu machen,
merkte die Bischöfin an. Aus ihrer Sicht
lasse sich das Leid der Kreaturen nicht
gegeneinander ausspielen. Dass alle
miteinander in einer großen
Schicksalsgemeinschaft verbunden sind,
werde unter anderem im Blick auf die
Flüchtlinge deutlich, die ihre Heimat
verlassen müssen, weil die Erde dort
verbrannt und verdorrt ist und sie nicht
mehr ernähren kann.
Der Gottesdienst mündete in eine
Prozession rund um die Marienkirche und
die Emmauskirche mit geistlichen Impulsen
aus dem Sonnengesang des Heiligen Franz
von Assisi. Mit dabei war der Vorsitzende
der Arbeitsgemeinschaft Christlicher
Kirchen in Deutschland, der katholische
Bischof von Speyer, Karl-Heinz Wiesemann,
und der wenige Tage zuvor in sein Amt
eingeführte sächsische Landesbischof
Carsten Rentzing.